top of page

Pünktlichkeit im Team: Wie das Bewusstsein für unterschiedliche Zeitwahrnehmungen Konflikte vermeidet

  • Autorenbild: Linda
    Linda
  • 6. Juni 2024
  • 3 Min. Lesezeit

(Un)Pünktlichkeit im Team führt oft zu Konflikten. Wie können wir damit umgehen?


Zeit. Collage von mir, Linda Weichlein.

 

Wenn es um das Thema Pünktlichkeit geht, bilden sich schnell zwei Lager:

 

Die einen, die immer fünf Minuten vor Terminbeginn da sind, Zettel und Stift parat, ready to go. Unpünktlichkeit? Geht gar nicht. Unerhört! Respektlos! 

 

Alle, die mich beruflich kennen, wissen, dass ich eher zu dieser Sorte gehöre. (Privat ist das eine andere Sache… meine Schwester wird jetzt nicken)

 

Und dann sind da die Leute, die sich zu jedem Termin hinstressen und trotzdem spät kommen. Strikte Startpunkte bedeuten für sie vor allem: sozialer Druck, schlechtes Gewissen oder auch Wut. 

 

Veranstaltungen oder Meetings gehen dann oft so weiter: Die Wartenden sind genervt und vorwurfsvoll, die Spätkommer*innen sollen sich rechtfertigen und sich was schämen.

 

Zu einer guten Arbeitsatmosphäre trägt das nicht bei. Kurzum: Schlechte Stimmung, Stress und Energieverlust auf allen Seiten. Wie also damit umgehen?


In den allerseltensten Fällen ist der Grund für Unpünktlichkeit mangelnder Respekt. Denn, Überraschung: Menschen haben einfach unterschiedliche Zeitwahrnehmungen. 

Lieblingsstreberin. Collage von mir, Linda Weichlein.
Lieblingsstreberin. Collage von mir, Linda Weichlein.

Zwei Arten, Zeit zu empfinden: Warum manche immer pünktlich sind – und andere nicht

 

Manche Leute „schwimmen“ in der Zeit und können sich von Moment zu Moment treiben lassen (kann mir das bitte jemand beibringen?!). Die anderen nehmen Zeit eher als Strahl wahr, können sie gut von außen betrachten und planen. 


Zeitwahrnehmung ist kein Charakterfehler

Keiner dieser beiden Wahrnehmungen ist „besser“ und niemand wählt sein Zeitempfinden absichtlich aus. Es kann sich in schwierigen Lebensphasen oder Situationen auch ändern und kontextabhängig sein. 

 

Pünktlichkeit als "Tugend" ist historisch gewachsen

In westlichen Gesellschaften wird der zweite Typ eindeutig bevorzugt und antrainiert. Pünktlichkeit ist schließlich eine „deutsche Tugend“. Alle, die dort nicht reinpassen, sind angeblich falsch, unfähig oder faul. Das hängt historisch und bis heute mit rassistischen und klassistischen Abwertungen zusammen.


Obwohl ich einiges davon deshalb unbedingt loslassen will, braucht es gleichzeitig Verabredungen für Zeit und Raum, damit wir als Teams und Gruppen zusammenfinden. Der goldene Punkt liegt für mich deshalb irgendwo zwischen „alle kommen, wann sie wollen“ und „Uhren-Diktatur“. 


Hier sind meine liebsten Coping-Strategien:


Konkrete Strategien für Teams und Führungskräfte: So vermeidet ihr Stress und Energieverlust durch Unpünktlichkeit

 

Für die Pünktlichen:

  • Puffer einplanen: Einfach, aber wirkungsvoll. Lade früher ein, als du wirklich starten willst.

  • Willkommen heißen: Begrüße Leute, die später kommen! Lade sie ein anzukommen und gib eine kurze Zusammenfassung. Ein gelassener Umgang mit Zuspätkommer*innen macht einen RIESEN Unterschied!

  • Zeit nutzen: Was kannst du während des Wartens tun, außer sauer sein und schmollen?

 

🧘🏼‍♂️ Für die Spätkommer*innen:

  • Uhren vorstellen

  • Entschuldigen ohne schlechtes Gewissen: Wenn du zu spät kommst: erstmal durchatmen, freundlich grüßen und kurz entschuldigen. Wichtig: Entschuldige dich nicht dafür, wie du bist (du bist vollkommen in Ordnung!). Entschuldige dich einfach nur für’s Zuspätkommen. Das sind zwei sehr unterschiedlich Dinge.

 

💞 Für Teams und Leitungspersonen:

  • Wenn Schluss ist, ist Schluss: Das Ende der Veranstaltung am Anfang festlegen und einhalten, da manche Leute ggf. Anschlusstermine haben. Themen priorisieren und weniger Dringendes vertagen.

  • Online-Formate statt Präsenz: Digitale Meetings sind für „Leute im Moment“ entspannter, weil allein die Anreise viele Faktoren beinhaltet, die zu Verspätungen beitragen.

  • Bedeutung klarmachen: Bei super wichtigen Veranstaltungen den Sinn und Zweck verdeutlichen! Alle Leute können pünktlich kommen, es kostet sie nur unterschiedlich viel Energie.

  • Verständnis schaffen: Lieber interessiert nachgefragt statt hineininterpretiert. Unterhaltet euch wertschätzend über eure verschiedenen Zeitwahrnehmungen. Beispiel-Fragen dafür findest du unten.

  • Umgang finden: Z.B. verabreden, dass nach 15 Minuten einfach angefangen wird („akademisches Viertel“). Oder dass der Termin nach einer bestimmten Zeit vertagt wird, wenn eine essenzielle Person fehlt.



Fragen zum Zeitempfinden für dich und dein Team:


Wie nimmst du Zeit wahr? Wie wollt ihr als Team mit dem Thema Pünktlichkeit umgehen? Welche Strategien helfen euch dabei?

 

Mehr Inspiration und Ressourcen für dich:


⏱️In ihrem Artikel "Bin gleich da!" stellt Nina Himmer aktuelle Forschungen aus der Psychologie zum Thema Zeitwahrnehmungen vor. (DE)

 


📚Soziale Gerechtigkeit bedeutet nicht nur eine andere Verteilung von Geld, sondern auch von Zeit. Die Journalistin Teresa Bücker macht in ihrem Buch Alle Zeit konkrete Vorschläge, wie eine neue Zeitkultur aussehen kann. Auch auf der Arbeit! (DE)



Dieser Text wurde zuerst in meinem Newsletter messy projects, Ausgabe 6 am 07.06.2024 veröffentlicht. Du willst meinen kompletten Newsletter einmal im Quartal erhalten? Dann melde dich hier an:




Habe ich etwas wichtiges vergessen oder nicht gut dargestellt? Worüber sollte ich (mehr) schreiben? Bitte immer her mit deinen Kommentaren, Anregungen und Kritik: info@lindaweichlein.com 

 
 
 

Kommentare


Dieser Beitrag kann nicht mehr kommentiert werden. Bitte den Website-Eigentümer für weitere Infos kontaktieren.
bottom of page